Den Bogen spannen für mehr innere Ruhe
Konzentration auf ein Ziel: Das stärkt die mentalen Kräfte. Andrea Staccioli/imago-images.de
Den Bogen spannen für mehr innere Ruhe
Offene Ganztagsschule Schützengilde stellt Projekt vor: Pfeile und Blasrohr helfen sogar bei Verhaltensstörungen
Birger Bahlo
Auf den ersten Blick mag es irritieren, dass im Angebot der Offenen Ganztagsschule (OGTS) Husum unter dem Dach der Volkshochschule (VHS) Schießsport angeboten wird. Schnell fallen einem brutale Ballerspiele oder gar grauenvolle Amokläufe ein.
Doch auf dem Schießstand der Husumer Schützengilde von 1586 am Heckenweg bietet sich schon seit Jahren ein ganz anderes Bild mit Teenagern unterschiedlichen Alters, die freundschaftlich miteinander umgehen. Zudem sucht man dort Kugeln, die Mitmenschen gefährlich werden könnten, vergebens. Kinder der fünften bis zehnten Klassenstufen mehrerer Schulen schießen allein mit Licht aus Gewehren oder Pistolen. Und sie zielen mit Blasrohren oder Pfeil und Bogen auf Scheiben.
Just hierhin hatte jetzt der Landessportverband Schleswig-Holstein (LSV) eingeladen, um eine Zwischenbilanz des Projektes „Schule + Verein“ zu liefern, das in Nordfriesland immerhin von 38 Vereinen genutzt wird. Landesweit seien es 70 Sportvereine in 383 Einzelprojekten. Drei Viertel davon seien wie in Husum in Ganztags-Angebote eingebunden worden, wie der für Vereins- und Breitensport verantwortliche LSV-Geschäftsführer Thomas Niggemann bei dem Ortstermin erläuterte.
Sozialverhalten wird gefördert
Er unterstrich, dass neben der motorischen Entwicklung der Schüler vor allem das Sozialverhalten untereinander gefördert werden. Sie lernten, mit Erfolg und Misserfolg umzugehen, Regeln einzuhalten und die Bedeutung von Fairness.
Thilo Berg, Jugendwart der Schützengilde und Leiter dieses Angebots, steuerte einmal mehr die Vorteile für die Entwicklung der Kinder bei, die er seit Jahren beobachte. Blasrohrschießen steigere die Konzentration und vergrößere das Lungenvolumen.
Hilfe beim Stressabbau
Bogensport trainiere die Feinkoordination mehrere Muskelgruppen, fördere die Koordination und helfe Stress abzubauen. Ähnliche Wirkungen attestierte Berg dem Schießen mit Lichtimpulsen. Positive Entwicklungen beobachte er zudem an Kindern, die an Aufmerksamkeitsdefiziten oder Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) litten.
Ein generelles Lob für das Projekt Schule + Verein kam zudem von Matthias Hansen, dem Vorsitzenden des Kreissportverbandes Nordfriesland, und von Bürgermeister Uwe Schmitz.
Als stellvertretende VHS-Leiterin und Verantwortliche für die OGTS betonte auch Kirsti Thiessen die positive Entwicklung der Kooperation mit der Schützengilde.
Jan Otzen, Regionaldirektor von der Nord-Ostsee-Sparkasse, schloss sich an und hob die Rolle der OGTS hervor. Dies gebe Eltern, die unter ihrem eigenen Arbeitsdruck stünden, die Gewissheit, dass ihre Kinder gut aufgehoben sein und dort zudem weitere Kompetenzen gefördert würden. „Wir sind – und darauf sind wir ein bisschen stolz – der größte nichtstaatliche Sportförderer in Deutschland.“ Seit mehr als 20 Jahren förderten die Sparkassen in Schleswig-Holstein nun schon das Projekt „aus großer Überzeugung“.
Torsten Schwenzfeier, Teamleiter Prävention der AOK Nordwest, sieht ebenfalls das Projekt als „ein hervorragendes Beispiel für die präventive Wirkung von Sport“. Hier würden die Weichen für einen aktiven Lebensstil und die Gesundheitschancen im Erwachsenenalter gestellt.
Außer der massiven Förderung durch den LSV und die Sponsoren fließt Geld aus dem Bildungsministerium in das Projekt.
Die Gäste auf dem Schießstand der Husumer Schützengilde von 1586 überzeugten sich von der Disziplin beim Training der Jugendlichen. Birger Bahlo
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